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„Ein Wandel mit enormen Chancen“ – Interview zum CAR IT Symposium 2025

Theresa Ley

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24.10.2024

Das CAR IT Symposium 2025 findet in Ingolstadt als Kooperation zwischen CAR Center Automotive und VAIVA statt. Im Interview mit Dirk Wollschläger, Director Center Automotive Research und Ole Harms, CEO von VAIVA beleuchten wir die technischen Innovationen der Automobilbranche und wie sie die Softwareentwicklung verändern.

Neueste Fahrzeuge definieren sich zunehmend über ihre verbaute Software und den Einsatz innovativer digitaler Technologien. Was bedeutet dieser Wandel sowohl für die Automobilbranche insgesamt als auch für Technologiefirmen, die auf Softwareentwicklung spezialisiert sind?

DW: Für die Verbraucher ist das Auto heute mehr als nur ein Transportmittel. Sie erwarten mehr innovative Funktionen und Dienstleistungen in und um ihr Auto. Um diese Erwartungen zu erfüllen oder zu übertreffen, müssen OEMs effizienter und flexibler werden und neue softwarebasierte Funktionen und Dienste schneller auf den Markt bringen. Sie müssen sich messen lassen an Tech-Unternehmen, welche ein höheres Level an Software-Exzellenz haben.

OH: Der Trend hin zu Software Defined Vehicles (SDVs) revolutioniert die Automobilindustrie grundlegend. Fahrzeuge sind immer stärker durch digitale Funktionen und Software-Updates geprägt. Das bedeutet, dass sie kontinuierlich verbessert und um neue Funktionen erweitert werden können, ohne dass physische Komponenten ausgetauscht werden müssen. Dies verändert auch die Wertschöpfungskette, da Software nun zum zentralen Unterscheidungsmerkmal und Wettbewerbsfaktor wird.

Für softwarefokussierte Technologiefirmen wie uns, bringt dieser Wandel enorme Chancen. Wir sehen uns als strategischer Partner der Automobilbranche und steuern das notwendige Know-how im Bereich der Softwareentwicklung, etwa im Umgang mit Cloud-Systemen oder der AI-Integration dazu. Sei es in Form von Werkzeugen, in der Implementierung von effizienten Prozessen oder in der Umsetzung von Funktionen.

Nicht nur Coding, Testing und Simulation sind entscheidend. Auch das Thema Cybersecurity erlangt in diesem Zusammenhang immer größere Bedeutung. Wie lässt sich das mitdenken?

DW: Das Thema Cybersecurity wird weiterhin von vielen Unternehmen nicht ausreichend priorisiert. Der Global Automotive Cybersecurity Report 2024 von Upstream verweist auf die im Zusammenhang mit der Automobilindustrie und dem Mobilitätssektor auftretenden Deep- und Dark-Web-Aktivitäten, welche im Vergleich zu 2022 um 156 % gestiegen sind. Aktuell sehen wir steigende Verfügbarkeitsrisiken für E-Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur.

OH: Mit der zunehmenden Vernetzung und Digitalisierung von Fahrzeugen steigt die Bedeutung von Cybersecurity jeden Tag drastisch an. Moderne Fahrzeuge sind über verschiedene Schnittstellen mit dem Internet verbunden und tauschen Daten in Echtzeit mit Cloud-Systemen, anderen Fahrzeugen und Smart-Infrastruktur aus. Diese Vernetzung macht sie natürlich anfälliger für Cyberangriffe. Cybersecurity muss daher von Beginn an in die Softwarearchitektur eingebaut werden – das sogenannte „Security by Design“. Wie Dirk schon ausgeführt hat, sehen wir hier noch nicht ausreichend Fokus.

Alle Entwicklungsphasen, vom Coding bis hin zur Simulation, müssen unter der Prämisse erfolgen, potenzielle Sicherheitslücken frühzeitig zu identifizieren und zu schließen. Spezifische Technologien wie Verschlüsselung, Firewalls und Intrusion-Detection-Systeme sollten in das Fahrzeug integriert werden, während kontinuierliche Sicherheitsupdates durch OTA-Updates gewährleistet werden müssen. Dabei spielt auch die Schulung von Entwicklern in aktuellen Cybersecurity-Standards eine wichtige Rolle. In Summe auch ein Thema, in dem wir unsere Kunden beraten und unterstützen wollen.

Ein Aspekt, an dem aktuell niemand vorbeikommt, ist GenAI. Worauf kommt es beim Einsatz in der Softwareentwicklung an und gibt es spezifische Herausforderung, die sich bei der Nutzung im Automobilsektor stellen?

DW: Schon heute wird von der Entwicklungsphase über die Erprobung und Produktion bis hin zum After-Sales oder Marketing künstliche Intelligenz während des gesamten Lebenszyklus der Automobilindustrie angewendet. Aber insgesamt stehen wir erst am Anfang der industriellen Nutzung von Künstlicher Intelligenz in der Automobilindustrie. Dabei sind die Daten, ob diese von den Fahrzeug- und Infrastruktursensoren, von den Fertigungslinien oder aus Kundenfeedback zusammengestellt werden ganz entscheidend. Wer hier entsprechende Vorarbeit geleistet hat durch den Aufbau integrierter Datenstrukturen (‚There is no AI without IA‘) ist klar im Vorteil. Unternehmen müssen in Zukunft ihren Entwicklern ein umfassendes Ökosystem aus AI-Algorithmen, Modellen und modernen Entwicklungstools zu Verfügung stellen, damit diese AI effizient nutzen zu können.

Ganz klar, GenAI wird die klassische Softwareentwicklung signifikant verändern.

OH: Generative AI (GenAI) ist natürlich das Trendthema unserer Zeit, das riesiges Potenzial auch in der Automobil-Softwareentwicklung birgt. GenAI – z.B. auf Basis vertikal spezialisierter LLMs (Large Language Models) – wird in naher Zukunft die Entwicklung von Software automatisieren und optimieren, indem sie zum Beispiel Code generiert und wartet, Simulationen durchführt oder datenbasierte Entscheidungen trifft. In Applikation rund um das autonome Fahren oder für personalisierte Fahrerlebnisse werden durch den Einsatz künstlicher Intelligenz große Fortschritte erzielt.

Eine der größten Herausforderung liegt aus meiner Sicht in der Sicherheit und der – nachweisbaren – Verlässlichkeit dieser Technologien. Da Fahrzeuge hohe Sicherheitsanforderungen erfüllen müssen, ist es essenziell, dass die durch GenAI erstellten Lösungen in geeigneter Weise validiert und abgesichert werden können. Dabei ist zudem sicherzustellen, dass die erzeugten Lösungen den regulatorischen Anforderungen entsprechen. Hier liegen noch eine Menge an Aufgaben vor der Industrie.

Zum technologischen Fortschritt gehört es immer auf dem neuesten Stand zu sein, um qualitativ hochwertige State-of-the-art Lösungen zu schaffen. Was bedeutet es in diesem Zusammenhang Fachexperten und Spezialisten – auch branchenübergreifend – zusammenzubringen?

DW: Generative KI, Data Science, maschinelles Lernen, neuronale Netze, Text Mining – all diese Technologien werden in der IT-Industrie seit Jahren genutzt. Der interdisziplinäre Austausch und die Zusammenarbeit werden an Bedeutung zunehmen.

OH: Die zunehmende Komplexität von Fahrzeugsoftware und die Verflechtung verschiedener Technologien machen es in meiner Überzeugung unverzichtbar, Experten aus unterschiedlichen Branchen zusammenzubringen. Die Zusammenarbeit mit Experten und Partnern aus der IT, der Künstlichen Intelligenz, der Telekommunikation oder der Elektronikindustrie ist entscheidend, um innovative Lösungen zu schaffen.

Nur aus diesem Schmelztiegel von Wissen und Best Practices – eingebettet in das richtige Organisationsmodell – entstehen schnelle und effiziente Entwicklungszyklen führt. Dazu gehören auch branchenübergreifende Allianzen, die es ermöglichen, neueste Technologien in die Automobilentwicklung zu integrieren. Hier sind wir im Bereich unserer eigenen Produkte z.B. auch sehr aktiv. Diese interdisziplinäre Vernetzung ist der Schlüssel, um den technologischen Vorsprung zu halten und wirklich innovative, qualitativ hochwertige Lösungen zu schaffen.

Erstmalig kooperiert CAR Center Automotive für das IT Symposium 2025 mit VAIVA. Wie kam es dazu und was zeichnet diese Zusammenarbeit aus?

DW: Eine der großen Herausforderungen der Automobilindustrie liegt in der Entwicklung automatisierter bis hin zu autonomen Fahrzeugen und der damit verbundenen stufenweiser Übertragung (L1-L5) sicherheitsrelevanter Entscheidungen auf das Fahrzeug selbst.

Um unseren eigenen hohen Anspruch an die Veranstaltungen des CAR Instituts gerecht zu werden haben wir beschlossen uns mit Partnern zu verstärken, welche über die Expertise verfügen die Veranstaltungen auf das ‚Next Level‘ zu heben.

VAIVA entwickelt seit Jahren innovative Fahrerassistenz- und Sicherheitssysteme, die schon heute in Millionen von Fahrzeugen weltweit verbaut sind. Ole Harms, CEO VAIVA, hat mit einigen Teammitgliedern an dem diesjährigen CAR IT Symposium in Stuttgart teilgenommen und uns zu der Veranstaltung ein sehr gutes Feedback gegeben, aber auch Anregungen, wo wir noch besser werden können. So ist die Idee entstanden das CAR IT Symposium 2025 gemeinsam mit VAIVA als Kooperationspartner durchzuführen.

Da Ole und ich uns bereits seit einigen Jahren von diversen Veranstaltungen und Panel-Diskussionen kennen, freue ich mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm und seinem Team!

OH: Das Setting, die Qualität der Vorträge, die Präsentationsstände und der Raum zum Netzwerken mit relevanten Experten unserer Branche – das alles hat uns beim diesjährigen CAR IT Symposium in Stuttgart sehr begeistert. Das Angebot, die nächste Veranstaltung – dazu an einem der wichtigsten Standorte der Volkswagen AG, in Ingolstadt – gemeinsam mit dem erfahrenen Team des Center Automotive Research auszurichten, hat uns sehr geehrt und wir haben es gerne angenommen. Gemeinsam wollen wir unsere jeweiligen Stärken und Überzeugungen einbringen, um einen wirklich außergewöhnlichen Event auf die Beine zu stellen.

Was wünscht ihr euch für das IT Symposium 2025?

DW: Interessierte, aktive Teilnehmer, interessante Vorträge und offene Panel-Diskussionen mit inhaltlichem Tiefgang. OH: Ich wünsche mir, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmern den Event mit einem Lächeln und dem guten Gefühl verlassen, etwas gelernt zu haben, spannende neue Kontakte gewonnen und bestehende reaktiviert zu haben und vor allem: ihre Zeit wertvoll eingesetzt zu haben, gerade in diesen herausfordernden Zeiten.